Was Küche und Keller so hergeben

Arme reiche Küche der Marken

Die Marche sind ein Paradies für Schlemmer. Es ist eine Küche ohne Schnörkel, aber mit unendlich viel Geschmack
Die Küche der Marken wird als „arm“ bezeichnet. Der Leser, der hier beschließt, unsere Gegend sei kulinarisch nicht empfehlenswert, sollte jedoch noch ein Stück im Text fortfahren.

Internationale Küche? - Weit gefehlt!
In nahezu jedem Restaurant oder auch Hotel wird nach traditionellen, lokalen Rezepten gekocht. Diese gehen bis tief in das Mittelalter zurück. Gottlob hat es sich in dieser Region noch nicht eingebürgert, die so genannte internationale Küche zur Anwendung zu bringen.
Die Marche sind ein reicher Landstrich - erwähnte ich das noch gar nicht? Nicht nur reich in geldlicher Hinsicht, sondern auch an allen Produkten, die der Mensch zum Leben braucht, Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch.

Ein wenig Geschichte zur Küche der Marken
Die bereits oben erwähnten alten Rezepte entsprangen der Phantasie der armen Bauern, die früher meist in Lehnsabhängigkeit standen und somit nicht gerade üppig leben konnten. Sie mussten sich gezwungenermaßen auf das beschränken, was der Obst- und Gemüsegarten oder die Wälder boten. Fleischspeisen kamen damals in herrschaftlichen Häusern auf den Tisch.

Die Bauern hielten sich also an Tomaten, Zucchini, Auberginen, Artischocken, Oliven, Äpfeln, Pilzen, Kastanien, usw. Aus diesen vorhandenen Gütern kreierten sie Mahlzeiten die abwechslungsreich und gesund waren. Dabei macht die Not erfinderisch und so begegnet uns auch noch heute eine Vielzahl verschiedener Zubereitungsarten ein und desselben Produkts, ohne langweilig zu schmecken.
Das Flusstal, Obst-und Gemüsegarten der Marken
In den Tälern, die die Hügel durchziehen, wie hauptsächlich das Aso -, das Menocchia – oder Tesinotal, um nur einige zu nennen, befinden sich die Obst -und Gemüseanbauten der Marche. Viele der geernteten Früchte werden exportiert, der heimische Markt wird ebenfalls von hier aus bedient. Es gibt eigentlich keine Obstsorte, die hier nicht wächst. Selbst Kiwis fehlen nicht. Einzig Zitronen und Orangen werden nicht mehr angebaut.

Das Meer und seine Köstlichkeiten
Der Fisch kommt frisch von den Fängen aus der Adria, denn San Benedetto d. Tronto war von jeher ein großer Fischereihafen. Vom Schwertfisch über Thun bis hin zu den Krustentieren hat der Käufer auf dem täglichen Fischmarkt in San Benedetto d.Tr. und nicht nur dort, die Qual der Wahl.
Zahlreiche Restaurants entlang der Küste bieten eine ausgezeichnete Auswahl an Fischgerichten. Empfehlenswert ist hierbei oftmals ein Antipasti-Teller. Es ist ein großer Irrtum, dass man von Antipasto allein nicht satt wird. Meist folgen acht verschiedene Fisch- und Meeresfrüchtearten aufeinander. Dies hat den Vorteil alles genießen zu können und dabei einen sehr günstigen Preis bezahlt.

Die Pasta - Herzstück der italienischen Küche
Pasta aus Campofilone
Weltberühmt ist der kleine Ort Campofilone für seine Pasta. Nudel ist nicht gleich Nudel. In Italien wird genauestens unterschieden, welche Art von Pasta für eine bestimmte Sauce verwendet wird.
Hier in Campofilone werden als Spezialität die Maccheroncini (ganz dünne Nudeln) hergestellt, die auch Engelshaar genannt werden. Eiernudeln von höchster Güte, die knapp eine Minuten Kochzeit haben und durch ihre Konsistenz die dazugegebene Sauce völlig aufnehmen.

Nudelsache ist Handarbeit und dabei auch eine Frage der Qualität der Zutaten. In diesen „Werkstätten“ der Pastaverarbeitung wird Frischei und Hartweizen verwendet – nicht mehr und nicht weniger. Die hausgemachten Nudeln unserer Mütter und Großmütter unterschieden sich in nichts von dem hier angewandten Modus der Herstellung.
Die berühmtesten Pastahersteller sind: La Campofilone oder Antica Pasta. La Campofilone ist auch in allen edlen Geschäften in Deutschland vertreten, die meist in eigener Verpackung die Pasta verkaufen - zu einem ungeheuren Preis übrigens. Hier in den Marken zahlt man auch schon einen ziemlich hohen Preis, fast 3,00 € pro 250 g, aber in Deutschland werden diese für ca. 7,00 € verkauft. Eigentlich habe ich noch niemanden erlebt, der sich nicht mit unserer Pasta vor der Abreise versorgt hätte.

Das flüssige Gold der Marche
Das flüssige Gold der Marche ist das Olivenöl.
Die Italiener verwenden für alles Olivenöl (auch für Frittiertes, wenn es etwas ganz Edles sein soll). Dabei erwarten sie Produkte von erster Qualität.
Die Olivenölherstellung der Marche deckt in erster Linie den Bedarf der Region. Die Ölmühlen sind nicht auf Mengenproduktion ausgelegt. Die meisten von ihnen arbeiten auf biologischer Basis. Gemeinsam ist ihnen aber allen, dass ein „perfektes“ Olivenöl entstehen muss.

Die Grundvoraussetzungen hierbei ist die sofortige Verarbeitung der geernteten Oliven innerhalb von max. 24 Stunden, besser innerhalb von 8 Stunden und die kalte Pressung, d.h. das Pressen erfolgt bei Umgebungstemperatur und darf 27 ° C nicht übersteigen.
Wenn das gewonnene Öl eine gold-grünliche Farbe hat ist es schon mal richtig. Allerdings scheuen die "Großen" nicht davor zurück, diese Farbe chemisch zu erzeugen. Dazu später mehr.

Viele Familien stellen ihr Olivenöl selbst her, denn wir sind eine Region von „Contadini“, von Bauern, und wenn auch nicht jeder über Landwirtschaft verfügt, so haben die meisten doch einige Olivenbäume stehen. Über das, was man über Olivenöl wissen sollte lesen Sie bitte weiter unter meinem Beitrag dazu.

Ascolanische Oliven - Markenzeichen der lokalen Küche
Unsere Oliven sind aber nicht nur für das Olivenöl gedacht. Aus einer besonderen Sorte, der Tenera, von überdurchschnittlicher Größe, wird die Spezialität unserer Region schlechthin erzeugt: die Ascolanischen Oliven.
Die Oliven werden entsteint, das Fruchtfleisch entfernt. Die Oliven werden dann mit einer Fleischfarce aus drei verschiedenen Sorten, nämlich Kalb-, Schweine- und Lammfleisch gefüllt, paniert und frittiert.Dabei können aber die Fleischsorten durchaus variieren.

Dazu werden diese Fleischsorten in panierter und frittierter Form ebenfalls gereicht. Begleitet wird der so genannte „Ascolanische Teller“ von Creminis, kleinen panierten Würfeln, die mit einer süßen Creme gefüllt sind. Unmöglich, sagen Sie? Es schmeckt hervorragend! Die Zusammensetzung von pikant und süß verleiht unserem „Regionalgericht“ das besondere Etwas.

Glückliche Tiere - glückliche Feinschmecker
Natürlich dürfen wir auch die Fleisch- und Wurstwaren nicht vergessen. Der Bedarf an Fleisch wird durch die Rinder, Schafe und Schweine gedeckt, die nahezu das ganze Jahr oben in den Bergen auf den Weiden gehalten werden. „Mastaufzucht“ ist undenkbar, denn nur durch diese „Freilandhaltung“ gewinnt das Fleisch diesen herrlichen Geschmack, der kaum Gewürz verlangt.
Die Tiere grasen auf den Hängen und Weiden, die absolut frei von Kontaminierung irgendwelcher Art sind.
Der Schinken, der aus “glücklichen Schweinen“ entsteht, ebenso wie die Salamis, sind aus diesen Gründen eben so schmackhaft und halten Vergleiche zu den bekannten und berühmten Schinken anderer Regionen problemlos stand. Die Lufttrocknung dauert etwa zwei Jahre bei den rohen Schinken, die der Salamis mindestens 2 Monate. Erst wenn sich der weiße Schimmel, der übrigens kein böser Schimmel ist, auf der Salami entwickelt hat, ist diese „reif“ und kommt in den Handel.

Pecorino - der Traum von Käse
Von den Schafen kommt auch unser am meisten verzehrter Käse, der „Pecorino“. Ein Käse, der je nach Reife, von mild bis sehr kräftig schmeckt. Der wertvollste Pecorino stammt aus Fossa und entstand eher durch Zufall. In den Zeiten napoleonischer Besatzung wollten die Bewohner von Fossa zumindest ihren Käse vor den französischen Truppen retten. Sie wickelten ihn in Leinentücher und vergruben ihn unter der Erde. Als die Gefahr vorüber war und sie ihren Käse wieder hervor holten, stellten sie fest, dass daraus ein ganz leckerer Käse geworden war. Seither wird dieser Käse am teuersten gehandelt, denn das Verfahren wurde beibehalten. Es gibt zwar nicht mehr sehr viele, aber die genialsten Käsereien sind die winzigen, die noch in Handarbeit den Käse ereugen.

Pilze und Maronen
Wenn die Zeit des Herbstes gekommen ist beginnt in den Wäldern ein rechtes Treiben.
Die Pilzsammler begeben sich auf die Suche nach den sehr geschätzten Steinpilzen und in den Kastanienwäldern, den so genannten „castagneti“, werden die Kastanien geerntet. Über den häuslichen offenen Kaminfeuern werden die Maronen, die veredelten Kastanien, dann geröstet oder es werden Gebäckwaren mit Maronen hergestellt. Die Anwendung der Maronen erstreckt sich sogar auf Fleischgerichte.

Das schwarze und das weiße Gold - Trüffel
Zum guten Schluss verdienen unsere wertvollen Trüffel noch ein paar Zeilen. Die Trüffelsaison beginnt für die wirklich wertvollen Anfang Oktober (weißer Trüffel) und endet im März mit dem schwarzen Trüffel ab Mitte Dezember.

Neben den natürlich vorkommenden Trüffeln werden sie in „Plantagen“ mittlerweile gezüchtet. Dies ist aber auch ein Prozess, der Jahre dauert, bis die Trüffel zum ersten Mal „geerntet“ werden können.
Der weiße Trüffel kommt weniger häufig vor, seine Zeit beginnt bereits im Oktober. Wer es kostengünstiger bevorzugt, der kann das ganze Jahr über Trüffel in Form von Trüffelpaste oder eingelegten Trüffeln genießen. Auch der so genannte „scorzone“, der Sommertrüffel, ist beliebt und kostet Bruchteile der wertvollen „echten“.

Es würde ein Buch füllen, über die Spezialitäten und Besonderheiten der marchigianischen Küche zu berichten. In ganz Italien isst man meist hervorragend, wer aber die reinste originale Küche sucht, der findet sie hier.